Nach Stuttgart kamen auch die italienischen Parlamentarier von Italia dei Valori Gabriele Cimadoro und Sergio Piffari, um bei den Zugehörigen des sogenannten Wahlkreises „Ausland“ für ihren Kandidaten Pasquale Vittorio zu werben. Bereichert wurde der Parteitag durch eine deutsch-italienische Wertediskussion, an der die Kommunalpolitiker Bernd Klingler (FDP), Maria Lina Kotelmann und Hannes Rockenbauch von SÖS sowie Rita Pellegrino Prattella teilnahmen.
Italia dei Valori – das Italien der Werte, eine Partei, die sich als einzige wahre Opposition im italienischen Parlament sieht. Sie wurde 1998 vom Staatsanwalt und heutigen Parteichef Antonio di Pietro gegründet und wird in erster Linie als Anti-Korruptions-Partei wahrgenommen. Seit 1999 hat Italia dei Valori stetig mehr Wählerstimmen gewinnen können. Heute liegt die Partei zwischen 8,5 und 10%.
Hierzulande möchte der Unternehmer und frischgewählte Koordinator von Italia dei Valori für Deutschland, Pasquale Vittorio, eine Parteizentrale aufbauen, um sowohl den politischen Austausch zwischen Deutschen und Italienern in Deutschland zu stärken und um eine feste Anlaufstelle für alle italienischen Migranten, die mit Italia dei Valori sympathisieren, zu haben.
Unser Promotionsstipendiat Christian Concu führte mit Pasquale Vittorio in Stuttgart folgendes Interview:
Welche Umstände haben Sie dazu geführt, die Partei Italia dei Valori unterstützen?
In einem Land wie Italien, es keine Sicherheit für das Recht gibt, stellt Italia dei Valori für mich die einzige Möglichkeit dar, das Recht zu garantieren. Ohne Sicherheit auf Recht, gibt es keine soziale Gerechtigkeit. Ohne soziale Gerechtigkeit gibt es keine Demokratie, keinen Fortschritt.
Könnten Sie in wenigen Worten die Werte Ihrer Partei zusammenfassen?
Schon der Name Italia dei Valori (Italien der Werte) führt zu seiner Definition: Werte, Transparenz und Demokratie als Teilnahme des Bürgers an öffentlichen Dingen.
Aus welchen Gründen würden Sie einem Wähler empfehlen Ihnen und Ihrer Partei seine Stimme zu geben?
Italia dei Valori setzt den Menschen mit seinen Bedürfnissen und ethischen Werten ins Zentrum. Der Mensch wird nicht nach dem bewertet, was er besitzt, sondern aufgrund seiner Fähigkeiten, die ihm Geltung verschaffen.
Ihre Partei bezeichnet sich als einzige Opposition im italienischen Parlament. Können Sie erklären, wie das gemeint ist?
Alle Parteien in Italien, außer Italia dei Valori, stellen lediglich eine politische Opposition dar, jedoch keine ideologische Opposition. Genau aus diesem Grunde schaffen sie es nicht Berlusconi vom Hofe zu jagen. Und noch schlimmer: Sie stellen keine Alternative für die Wähler dar und spielen bei Berlusconis Spiel mit. Dem Anschein nach werden Veränderungen vollzogen, doch finden keine Personalveränderungen statt.
Denken Sie, dass Italien sich in Richtung einer Entwertung der demokratischen Werte bewegt?
Italien bewegt sich nicht in Richtung einer Entwertung seiner demokratischen Werte; die Entwertung der demokratischen Werte hat bereits eingesetzt. Sobald die politische Macht auf jede Weise versucht die Judikative mit maßgeschneiderten Gesetzen ad personam zu begrenzen und konditionieren, ist die Grunddevise der Demokratie, dass das Gesetz für alle gleich ist, ausgehebelt. Demokratie ist keine abstrakte Formel, sondern sehr konkret, auf die Bürger bezogen.
Welche sind Ihrer Meinung nach für die italienische Politik schnell zu lösende Probleme?
Ein großes Problemfeld sind Arbeitsplätze für junge Menschen. Die Jugend ist die Zukunft unserer Nation. Von ihnen hängt die Zukunft unserer Wirtschaft ab und somit in einer globalisierten Welt ihre Entscheidungsunabhängigkeit. Die intellektuellen Ressourcen und Fähigkeiten der Jugend sollte man nicht demütigen, sondern wertschätzen. Nur ein wirtschaftlich unabhängiges Individuum kann eine familiäre Zukunft planen, sich etwas aufbauen und so durch seine Steuergelder auch im öffentlichen Raum zur Erhöhung zur Verbesserung der Lebensqualität aller beitragen.
Ist sich Ihrer Meinung nach Europa der italienischen Probleme bewusst?
Europa kennt die Probleme Italiens über die Berichterstattung dieser. Getreu dem Motto: Wichtig ist das, worüber die Medien berichten. In den letzten Jahren wurde Italien immer berühmter für die Extravaganzen Silvio Berlusconis. Italien erscheint als ein Land des Spektakels, nicht als ein Land, das sich in einer Demokratie- und Wirtschaftskrise befindet. Die europäische Industrie interessiert sich wenig für die Demokratie in Italien. Wichtiger sind da Produktionszahlen, Wachstum. Vielmehr als eine politische Einheit, zählt faktisch in der EU noch immer die Wirtschafts- und Finanzunion.
Wie erklären Sie sich, dass in anderen europäischen Nationen immer weniger von Italien gesprochen wird und wenn Italien erwähnt wird, dies immer in Verbindung mit den Liebeleien des Premiers Berlusconi steht?
Es ist nicht so, dass Italien wenig Anlass zu interessanten Diskussionen böte. Vielmehr haben sich die politischen Schwerpunkte verschoben. In einem Europa, in dem Frankreich und Deutschland als Motor den Ton angeben, hat sich Italien unter Berlusconi Alternativen gesucht und sich so mehr gen Russland und Mittelmeeranrainer orientiert.
Denken Sie, dass Italiens Zusammenarbeit mit Staaten wie Libyen und Russland Italiens Bedeutung und Einfluss in der Welt erhöhen?
Nur momentan. Denn dabei wird Italien nicht den Ton angeben, sondern lediglich zum Spielball Russlands und Libyens. Und das auch nur solange, wie Italien als Partner nützlich sein kann. Die Größe eines Landes wird aber nicht an Gelegenheitsgeschäften gemessen, sondern an dem, was es sich selbst aufgebaut hat.
Wie sehen Sie die Zukunft Italiens?
Wenn ich an unseren Premier und sein Programm denke, das sich nur der Informationsbegrenzung und der Schmach der Judikative zuschreibt, sehe ich schwarz. Die einzige Hoffnung liegt in den moderaten Kräften, die in Bezug auf unsere Demokratie keine Kompromisse eingehen.