Stuttgart – Viele italienische Eltern sind verärgert. Sie befürchten, dass ihre Kinder nach den Herbstferien keinen Italienischunterricht mehr erhalten, weil der italienische Generalkonsul in Stuttgart die Zuschüsse blockiert. Die Nachhilfe fällt bereits seit Wochen aus. Rund 12000 Schüler mit italienischen Wurzeln lernen in Baden-Württemberg Italienisch im Rahmen von muttersprachlichem Unterricht – etwa 8500 im Konsularbezirk Stuttgart.
Für fast ein Viertel der Schüler in Württemberg und Nordbaden könnte damit nach den Herbstferien Schluss sein. Denn Alessandro Giovine, seit gut einem Jahr Generalkonsul in Stuttgart, hat dem Enaip-Bildungswerk die Zuschüsse für das zweite Halbjahr bisher nicht überwiesen. Deshalb musste Enaip-Geschäftsführer Diulio Zanibellato Ende September den Lehrern mitteilen, dass der Verein nicht in der Lage sei, die Gehälter für September und Oktober zu bezahlen.
Sollte das Generalkonsulat die Zahlungen weiter verweigern, werden die Italienischlehrer nächste Woche ihre Arbeit niederlegen. Nicht besser geht es den beiden Bildungsträgern Progetto Scuola (Projekt Schule) und dem italienischen Bildungsinstitut IAL-CISL, die seit Jahren unter anderem Förderangebote für italienische Schüler anbieten, wenn Eltern und Schulen entsprechende Anträge stellen. Mit finanzieller Unterstützung des italienischen Generalkonsulats wurden unter anderem Tandemklassen eingerichtet, in denen deutsche und italienische Lehrer gemeinsam unterrichten, sowie Italienisch-Arbeitsgemeinschaften, die auch nichtitalienischen Schülern offen stehen. "Doch Herr Giovine macht alles kaputt, was sein Vorgänger aufgebaut hat", sagt Salvatore Virga, Präsident von Comites Stuttgart, die gewählte Vertretung der Italiener in Baden-Württemberg, die das Konsulat berät.
Mehr als 270 Anträge von Kindern, die Zusatzunterricht bekommen sollten, lägen derzeit auf Eis, so Virga. Inzwischen haben mehrere italienische Organisationen bei der Botschaft in Berlin und beim Außenministerium gegen den Generalkonsul protestiert. Giovine wies die Vorwürfe zurück. Er wisse um die schwierige Lage für die Familien, verantwortlich dafür sei jedoch nicht das Generalkonsulat. Die Zuschüsse für die Bildungsträger seien gestoppt worden, weil es bei den Abrechnungen Fehler gegeben habe. "Wenn als Folge der Überprüfung Zahlungen gestoppt werden, zeigt das, dass es nicht das erwartete Ergebnis gegeben hat", erklärte der Generalkonsul am Dienstag auf Anfrage unserer Zeitung.
Er prüfe mit den beteiligten Behörden, wie man den betroffenen Kindern bald wieder muttersprachlichen Unterricht und Nachhilfe erteilen könne. Bei mehrfachen Kontrollen seien die Vorwürfe des Generalkonsulats entkräftet worden, widersprach Enaip-Geschäftsführer Zunibellato. Auch lägen die Verwaltungskosten für den muttersprachlichen Unterricht unter der Höchstgrenze, die das Außenministerium vorgegeben habe.
In Rom seien die Zuschüsse längst bewilligt, es fehle nur die Unterschrift des Generalkonsuls. Dazu Giovine: "Wenn dies so gesagt wird, nehme ich das zur Kenntnis." Wer anstelle der bisherigen Bildungsträger die Aufgaben übernehmen soll, wollte der studierte Jurist und Ingenieur nicht sagen. Gerüchten zufolge soll er für den muttersprachlichen Unterricht eine deutsch-italienische Gesellschaft angesprochen haben, die sich bislang vor allem um Kulturveranstaltungen kümmert. Die Lernförderung soll eine neue Stiftung übernehmen. Viele italienische Eltern und Organisationen rätseln unterdessen weiter darüber, was die wirklichen Gründe für den neuen Kurs sind.
Commenti dal Blog
Lieber abschaffen als erhalten
Es wäre eigentlich höchste Zeit, dass der Italienisch- Unterricht eingestampft wird, zumal er eher dafür sorgt, dass diese Kinder in der deutschen Schule hinterher hinken. Schon zu meiner Schulzeit habe ich erlebt, dass ein italienischer Freund in der Grundschule schlechte Noten in Deutsch hatte, dass er aber im Italienisch-Unterricht nur Einser oder Zweier hatte.
Ergebnis dieses Missstandes war, dass seine Familie sich dazu entschloss nach Italien zurückzukehren. "Da die meisten Italiener nur für begrenzte Zeit in Deutschland blieben, sollte der Unterricht dazu dienen, die italienische Schulausbildung nicht komplett in Vergessenheit geraten zu lassen." So schreibt es Luigi Brogna in seinem Buch "Spätzle al dente" und beschreibt damit die Situation in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Blockadehaltung des italienischen Generalkonsuls sollte man jetzt eher dazu nutzen, den Italienischunterricht einzustellen. Zumal viele Italiener – und so beschreibt es erneut Luigi Brogna – sich auch heute noch bei Freunden beschweren, dass ihre in Deutschland geborenen Kinder trotz schulischer Qualifikation und ausreichender geistiger Fähigkeit keine Empfehlung für die Realschule oder das Gymnasium bekommen.
Ein Grund dafür – neben dem Problem der italienischen Sprache zu Hause anstelle von Deutsch – ist der muttersprachliche Unterricht, der das Gymnasium für diese Kinder zur unerreichbaren Zone macht – bis auf ein paar seltene Ausnahmen natürlich, aber diese gibt es immer wieder. Nur leider sind es zu wenige, die das Glück haben und das ist nicht akzeptabel. Carl Becker
Muttersprache?
Ab der dritten Generation ist die Muttersprache doch wohl die Sprache des Landes, in dem man lebt und auch weiterhin leben möchte. Davon ab sind die schulischen Leistungen der italienischen Kinder leider oft unterdurchschnittlich, warum auch immer (wurde schon berichtet). Wäre es da nicht sinnvoller, andere Fächer intensiver zu lernen?
Thomas Melber